Andrea Marquardt aus dem AK Religionspädagogik Aschaffenburg: "Eine Fortbildung, die noch lange nachwirkt!"

Fotos: A. Marquardt und M. Dorner

„Berührt durch die Stadtführung des Leiters der Diakonie Aschaffenburg, die uns die Augen geöffnet hat für Menschen in Not, die mitten unter uns leben und gerüstet durch das praktische Vorplanen einer Unterrichtssequenz – eine Fortbildung, die noch nachwirkt.“ Dieses Fazit zieht Andrea Marquardt (Leitung AK Religionspädagogik Dekanat Aschaffenburg) zu einer religionspädagogischen Fortbildung, die sie gemeinsam mit Dr. Martin Dorner (Netzwerk Diakonisches Lernen Bayern / TANDEM) am 10. November 2022 den Religionspädagoginnen und Katechetinnen im Dekanat Aschaffenburg anbot.

Die Fortbildung spielte sich an verschiedenen Orten ab. Im Bachsaal an der Christuskirche führte Dr. Martin Dorner durch eine Meditation und anhand von Beispielen und Unterrichtskonzepten in das Diakonische Lernen mit Schülern und Schülerinnen ein.

Antje Roth-Rau, pädagogische Leitung des Mehrgenerationenhauses (Die Johanniter) in Miltenberg entführte die Religionslehrkräfte in Gedanken in ihre Einrichtung und erarbeitete mit ihnen leicht umsetzbare Begegnungsmöglichkeiten, die der schulischen Situation und der Zielsetzung eines Mehrgenerationenhauses (Miteinander – Füreinander) gerecht werden. 

Zur Mittagszeit wechselten wir den Ort und fanden uns im „Sozialcafé Metropol“ der Diakonie Untermain wieder. Diakonie findet auch am Tisch statt und sie geht auch durch den Magen. Köstlich, das syrische Menü aus Linsensuppe, gefüllten Weinbergblättern, Humus, Hackfleischspießen und Salat!

Ein erneuter Ortswechsel stand uns bevor: Wolfgang Grose, Fachbereichsleitung Soziale Dienste und Leitung des Diakonie-Sozialkaufhaus (zum diakonischen Lernort der Diakonie Untermain in Aschaffenburg) nahm uns zu einem diakonischen Stadtspaziergang mit. Die Orte waren der Bahnhofsvorplatz, die zwei oder drei Straßen links und rechts davon mit ihren gastronomischen Betrieben und Obstläden der Zuwanderer und den Notunterkünften und Übergangswohnheimen für wohnungslose Menschen. Am Regionalen Omnibusbahnhof zeigte Wolfgang Grose auf einen Abfalleimer an einem Laternenmast und sprach davon, was die Pfandflaschen im Müll den Sammlern bringen: Acht Cent bringen Glasflaschen, 15 Cent Mehrwegflaschen und PET Flaschen sogar 25 Cent: Edelpfand nennen die Müllsammlerinnen das. Er erzählte dabei von Nicole, die auch sammelt. Sie sagt: „Am Anfang hatte ich massive Hemmungen, in einen Mülleimer zu greifen. Aber wenn Sie nicht reingreifen, kriegen Sie nichts, da muss man drüber weg. Manche Leute gucken dann weg, andere gucken mitleidig, aber meistens wird man gar nicht gesehen - weil Armut unsichtbar macht." Im Diakonie-Sozialkaufhaus hat sie dann eine neue Jacke gefunden. „Ich will sie bezahlen“, sagt sie zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und kann das mit einem Euro Pfandgeld. Herr Grose sagte zu uns: „Schauen Sie ruhig in den Mülleimer – neben den weggeworfenen Pfandflaschen liegt dort drin vielleicht auch entsorgte Würde von Menschen in unserer Nähe, die es herauszuholen gilt.“

Wir wechseln erneut den Ort und schauen uns dort um, wo Menschen, wie Nicole, bei der Diakonie einkaufen können. Wir erleben das Diakonie-Sozialkaufhaus mit seinen Abteilungen für Erwachsene und Kinder. Die vielen kleinen Kinderschuhe, die zum Anprobieren und zum Verkauf bereitstehen, haben mich am meisten bewegt. 600 Alleinerziehende leben mit ihren Kindern alleine in Aschaffenburg in Hartz-IV. Wolfgang Grose macht dabei deutlich, dass nur eine neue (= gebrauchte) Jacke nichts an der Ausgangssituation von Armut ändert. Uns Lehrkräften empfahl er deshalb, noch vor dem Spenden, selbst genau hinzusehen, nicht wegzusehen und so den Menschen Würde zu geben. Er zieht am Ende der Fortbildung folgendes Resümee: „Schön, dass wir uns heute begegnet sind. Die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen haben auch mich berührt und gezeigt, wie wichtig es ist, solche Erfahrungsräume des Diakonischen Lernens auch weiter für Schüler und Lehrkräfte zu ermöglichen.“

 

14/11/22      Dr. Martin Dorner

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