Wir haben gelernt mit anderen, unbekannten Menschen umzugehen und zudem haben wir noch das Kellnern gelernt. Schülerinnen des Maria-Ward-Gymnasiums Günzburg engagieren sich bei der Vesperkirche Schweinfurt

Logo der Vesperkirche Schweinfurt St. Johannis; Steffi List und Band Mosaik (mit Sänger Christian) bringen die Vesperkirche zum Rocken und die Günzburger Schülerinnen zum Staunen.

Nach unserem letztjährigen, erfolgreichen Mitwirken im Matthäuscafé in München, entschlossen wir uns, die Klassen 9a/b des Evangelischen Religionsunterrichts am Maria-Ward-Gymnasium Günzburg und die Lehrkräfte Pfarrer Martin Dorner und Martina Wenni-Auinger, ein derartiges Ereignis zu wiederholen. Unser diesjähriges Projekt des Diakonischen Lernens führte uns zwei Tage in die Industriestadt Schweinfurt. Hier wollten wir erfahren, was Vesperkirche bedeutet und uns gleichzeitig engagieren.

 

Als wir am Donnerstag in Schweinfurt ankamen, fuhren wir zuerst einmal zu unserer Bleibe, dem Jugendgästehaus, welches direkt am Main liegt und moderne Einrichtung und leckeres Essen bietet. An diesem Abend besuchten wir ein Konzert der Band Mosaik und der Sängerin Steffi List, die im Kulturprogramm der Vesperkirche in der St. Johanniskirche auftraten. Diese Band stufen wir als sehr besonders ein, da behinderte und nichtbehinderte Menschen zusammen musizieren. Besonders begeistert hat uns der Sänger Christian im Rollstuhl, der im Vorgespräch auf die Frage, was er einmal bewegen wolle, antwortete, dass er die Welt retten möchte. Darauf sang er den Titel ,,Nur noch kurz die Welt retten'' von Tim Bendzko. Zudem hörten wir auch noch den Sänger Manuel, die Querflötistin Antje, den Mundharmonikaspieler Harald und den Schlagzeuger Bruce. Ein großer Traum der Band ist es, einmal mit Peter Maffay auf der Bühne zu stehen. Dieser Traum kommt in einem ihrer eigenen Songs zum Ausdruck: ,,Einmal mit Peter Maffay auf der Bühne stehen''. Bis sich für Mosaik dieser Traum erfüllt, drücken wir ihnen fest die Daumen. Bei diesem Konzert haben wir gelernt, dass man behinderte Menschen keinesfalls unterschätzen soll, denn sie haben wirklich Talent aufzuweisen. Es war schön anzusehen, wie alle Bandmitglieder zusammen harmoniert haben. Nicht zu vergessen auch Christine Kummer, eine Künstlerin der Offenen Behindertenarbeit Schweinfurt, die mit einem eigenen Text in den Abend einführte.

Nach dem Konzert ging es zurück zum Jugendgästehaus. Nach einen stärkenden Frühstück durften wir in Kleingruppen die Stadt Schweinfurt erkunden und danach ging es auch schon zur Mitarbeit in die Vesperkirche. Die Vesperkirche findet einmal jährlich drei Wochen lang in der St. Johanniskirche in Schweinfurt statt. Sie definiert einen Ort, an dem Menschen, egal welcher Gesellschaftsschicht oder Religion aufeinandertreffen. Sie können gemeinsam ein warmes Mittagessen und zudem noch Kaffee und Kuchen verspeisen und sie tun das zu einem Preis, den sich jeder leisten kann, nämlich für 1,50 €. Wer mehr geben möchte, kann auch mehr bezahlen. So bleibt Gerechtigkeit nicht nur eine Idee, sondern wird in die Tat umgesetzt.

Als wir ankamen, trafen wir zunächst auf eine Menge von 40 Ehrenamtlichen. Lauter fremde Gesichter, wobei die Menschen dahinter uns herzlichst willkommen hießen. Nach einer kurzen Einteilungs- und Vorstellungsrunde, in der uns Pfarrer Jochen Keßler-Rosa aus dem Diakonischen Werk Schweinfurt einwies und eine Bibelstelle vorlas, gingen die Vorbereitungen auch schon los: Einige Schüler waren zum Bedienen eingeteilt und die anderen begrüßten die Gäste und führten sie zu den Tischen. Es herrscht ein Wechselsystem, in dem immer ein Teil der Gäste speisen kann und die anderen in den Kirchenbänken Platz nehmen und warten, bis wieder Plätze an den Essenstischen frei werden. Diesbezüglich sollten noch Verbesserungsmöglichkeiten erfolgen, denn wir fanden es z.B. keine gute Idee, dass eine 50 meterlange Schlange von Menschen draußen im Kalten warten musste, bis die Vesperkirche endlich öffnete. Leider hatte dann auch noch der Essenstransport Verspätung, aber niemand ließ sich aus der Ruhe bringen. Ein wenig später konnten wir die Gäste bedienen. Zu essen gab es eine Tagessuppe, Hähnchenspieße und als vegetarische Variante Spaghetti Bolognese. Wir waren alle sehr aufgeregt, aber auch überrascht, wie freundlich und liebenswert die Gäste mit uns umgingen. Dadurch dass die Gäste bunt an den Tischen zusammengewürfelt wurden, kam es auch zu Gesprächen zwischen sich fremden Leuten: ein tolles System!

Die Vesperkirche wurde für die Gäste durch einen Gongschlag mit einem kleinen Gebet eröffnet und um 13:00 ertönte der Gong ein zweites Mal für eine Andacht von etwa drei Minuten. Besonders bewegt hat uns die Menschenmenge, die gekommen ist, denn die Vesperkirche wurde an diesem Tag von zirka 400 Gästen besucht. Zudem bewegte uns die Freundlichkeit, die zwischen uns und den anderen Gastgebern, als auch unter den Gästen herrschte.

Wir haben in Schweinfurt gelernt mit anderen, unbekannten Menschen umzugehen und zudem noch zu kellnern. Am Ende folgte eine Schlussrunde mit allen anwesenden Mitarbeitern, in der man seine Erfahrungen mit den Gästen mitteilen konnte. Hier erfuhren wir auch von den beiden Ehrenamtlichen, die an der Kasse eingeteilt waren, dass ein Gast eine anonyme Spende von 200 € machte. Ganz zum Schluss bedankte sich der organisatorische Leiter der Vesperkirche, Diakon Norbert Holzheid mit einer supernetten Geste bei uns: Jeder von uns schenkte er eine Vesperkirchentasse.

Dann war es leider auch schon Zeit, wieder nach Hause zu fahren. Diese beiden Tage waren sehr emotional und regten zum Nachdenken bezüglich der Randgruppen in Deutschland an. Wir lernten Wertschätzung der Dinge, die für uns sonst so ganz normal erscheinen, wie Freundschaft, ein warmes und gepflegtes Essen und Freundlichkeit. Es war ein tolles Erlebnis mit Wiederholungsbedarf und ein besonderes Lob möchten wir noch einmal an unsere beiden Lehrkräfte Martin Dorner und Martina Wenni-Auinger aussprechen, welche uns so eine Fahrt ermöglicht haben und dazu beitragen, dass wir Diakonisches Lernen in und außerhalb des Klassenzimmers erfahren dürfen.

Maya Wittkowski, 9b 07/02/2017

 

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