epd-Landesdienst Bayern: "Man lernt hier was komplett anderes"

Isabella, Gymnasium Eckental, beim Sozialpraktikum im Rummelsberger Stift St. Lorenz

Das Projekt "Diakonisches Lernen" ist an vielen bayerischen Schulen ins Laufen gekommen.

Nürnberg/Eckental (epd). Mit dem bayernweiten Angebot zum Diakonischen Lernen "schließen wir für Schüler eine Lücke beim sozialen Lernen", bilanziert Oberstudienrat Markus Feiler.

Der katholische Religionslehrer am Gymnasium Eckental organisiert federführend das alljährliche Sozialpraktikum für alle Zehntklässler, erzählt er.
Jeweils eine Schulwoche im Frühjahr sind die rund 140 Gymnasiasten der Gemeinde im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt verpflichtet, soziale Erfahrung in einer von derzeit 44 Einrichtungen zu sammeln. Ganz einfach war es nicht, die Partner für das diakonische Lernen zu finden.
Das Spektrum reicht von Kindergärten über Arbeit mit Behinderten, Alten oder in Krankenhäusern bis hin zu Tafeln, Wärmestuben sowie ökologischen Einrichtungen. Neue Partner werden eher über Mundpropaganda gewonnen. Beim letzten Mal war es für zwei Schüler sogar einfacher, in Dresden und Frankreich das Sozialpraktikum zu absolvieren, berichtet Feiler.
Das Projekt diakonisches Lernen hat vor drei Jahren der Nürnberger Pfarrer Martin Dorner für das Diakonische Werk Bayern gemeinsam mit der Uni Regensburg und weiteren kirchlichen Einrichtungen aus der Taufe gehoben. Ziel ist es, Schülern praktische und soziale Erfahrungen außerhalb des Klassenzimmers zu vermitteln. Dorner geht es um den Kontakt von "Schülern und Behinderten, Jung und Alt und die Begegnung mit der Armut".
Damit wolle er auch ein Bewusstsein angesichts immer verdichteteren Lehrplänen schaffen: "Auch die Fächer Religion und Sozialkunde haben eine echte Relevanz," sagt Pfarrer Dorner. Religionslehrer Feiler gibt ihm Recht. Das freiwillige Sozialpraktikum in der achten Klasse ist der Einführung des G8, der Verkürzung auf acht gymnasiale Schuljahre, zum Opfer gefallen. In der neunten Klasse stehe ein Betriebspraktikum auf dem Lehrplan. "Hier wollten wir ein Gegengewicht schaffen."

Das Konzept scheint aufzugehen. Der Eckentaler Gymnasiast Yannik verbrachte sein Sozialpraktikum im Nürnberger Martha-Maria-Krankenhaus. Zu seinen Aufgaben gehörten einfache Arbeiten, wie Essen austeilen und abräumen sowie Puls oder Körpertemperatur messen. Sein Fazit: "Man denkt viel mehr über die kranken Leute nach, das ist eine Erfahrung, die ich echt wichtig finde." Mitschülerin Eleni, die sich für das Altenheim Rummelsberger Stift St. Lorenz entschieden hatte, kann diese Art des Lernens nur weiterempfehlen: "Man lernt hier mal was komplett anderes kennen, auch andere Denkweisen als in der Schule."

Diakonisches Lernen ist für Dorner ein Weg, den "Rahmen der Theorie der Hilfe" aus dem Schulunterricht zu verlassen. Dazu gehört für ihn auch, das "alte System eindimensionaler Hilfe", bei der einer der Helfende und einer der Empfangende ist, aufzugeben. "Es ist ein gegenseitiges Lernen." Das Projekt als Praxisbaustein des evangelischen Religionsunterrichts steht allen Schularten, von der Grund- über Mittel- und Realschule bis zu Gymnasien, offen. Mittlerweile nennt die Homepage 135 Ansprechpartner für die Schüler.

Es war anfänglich ein "mühsamer Prozess", mittlerweile verschwänden immer mehr weiße Flecken auf der bayerischen Landkarte, sagt Dorner. Im Laufe des Jahres 2014 will er die Beteiligung von Schulen und Einrichtungen sowie die Erfahrungen wissenschaftlich evaluieren lassen.

Die Initiative sieht er auch als Signal an Religionslehrer, den Unterricht zu verlassen und projektorientiert zu werden. Pfarrer Dorner will auch die Vorbehalte im Kollegium entkräften, die er zur Genüge kennt. Das reiche von "ich bin nur Religionslehrkraft" über "ich bin hier in der Diaspora" bis zum resignierten " das lässt sich im Rahmen unserer Schule nicht durchsetzen".

Im Eckentaler Gymnasium war es kein Problem. Katholik Feiler konnte gemeinsam mit seinem evangelischen Kollegen die Lehrerkonferenz, Schulleitung, Eltern und Schüler überzeugen [...]. (01/0042/08.01.2014)

Von Thomas Tjiang (epd)

epd lbm ttj/jo

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